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Radtour empfohlene Tour

TERRA.trail 01 - Eiszeit, Hünengräber und Steinwerke

· 4 Bewertungen · Radtour · Osnabrücker Land
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Natur- und Geopark TERRA.vita Verifizierter Partner  Explorers Choice 
  • Sandstein überall: Verwendung fanden beim Bau des Ankumer Doms verschiedene Sandsteine aus der Umgebung
    Sandstein überall: Verwendung fanden beim Bau des Ankumer Doms verschiedene Sandsteine aus der Umgebung
    Foto: Sabine Böhme, Natur- und Geopark TERRA.vita

Die Tour 1 führt in die Ankumer Höhen - auch Ankum-Bippener Berge genannt - und damit in den nördlichen Teil des Naturparks TERRA.vita. Richtig steile Berge gibt es hier nicht – dafür erschwert hier und da der sandige Untergrund das Fahren ein wenig. Gleichzeitig wird der Sand aber auch einiges über die Entstehungsgeschichte dieser flachwelligen Landschaft berichten. Man kann den Spuren der frühesten Besiedlung dieser Region begegnen, aber auch mittelalterliche Bauwerke bestaunen. Damit baut dieser TERRA.trail eine Brücke zwischen der eisigen Landschaftsgeschichte und der Geschichte der ersten Menschen, die hier sesshaft wurden.

 

mittel
Strecke 64,3 km
4:19 h
248 hm
234 hm
116 hm
35 hm

Wichtiger Hinweis: Der TERRA.trail 1 ist nur in Fahrtrichtung gegen den Uhrzeigersinn beschildert. Es ist mit waldtypischen Gefahren zu rechnen, wie mangelnde Stand-/ Bruchfestigkeit von Bäumen oder matschigen Wegen mit tiefen Fahrspuren. Das Befahren des Trails erfolgt auf eigene Gefahr.

 

Lange Route durch welliges Hügelland. Nur wenige längere oder steile Steigungen, sandige Wege teilweise etwas schwer zu fahren. Teilung der Route in Höhe Ankum möglich.

Los geht's!

Ankum – 6631 Hektar Fläche, 7300 Einwohner, erstmals 977 urkundlich erwähnt. Eigentlich ein ganz normales, schmuckes norddeutsches Städtchen. Aber dann diese gewaltige Kirche!

Der „Artländer Dom” (1), wie die St. Nikolaus-Kirche auch genannt wird, überragt mit 79 Metern Höhe die ganze Umgebung und ist aus allen Richtungen weithin sichtbar. Die St. Nikolaus Kirche wurde aus Sandstein vom Südhang des Gehn bei Ueffeln erbaut, für die Fenstereinfassungen wurde Ibbenbürener Sandstein verwendet. Für die Säulen im Innern des Doms ließ man sogar Steine aus der Eifel liefern. 1900 wurde das Bauwerk eingeweiht. Auf seine ”Vorfahren” verweist der älteste Teil des Turmes von 1514. Eine echte Landmarke und unsere erste Station auf dieser Tour. Der Dorfkern, der früher vor allem als Handelsort für Tuch und Vieh diente, wurde 1989 erneuert. Wir können uns hier am Ende der Tour auf einen gemütlichen Abschluss in einer der Gaststätten freuen. Ansonsten ist Ankum vor allem Golfspielern und Pferdeliebhabern ein Begriff. Auch wir schwingen uns jetzt in den Sattel - den Fahrradsattel - und machen uns auf in Richtung Kettenkamp. Dabei geht es gemütlich über den Schmets-Berg in die Niederungen des Suttruper Baches und des Loxter Mühlenbaches. Kurz hinter Kettenkamp fahren wir an einem Kiefernwald entlang – der ”Kettenkamper Sand”. Hier wachsen die Bäume auf Flugsand (der fliegt heute zwar nicht mehr, wurde aber in der letzten Eiszeit vom Wind hier angeweht und hat daher seinen Namen). In diesem Wald liegen im Übrigen auch zahlreiche Hügelgräber versteckt (auch unsere Vorfahren haben nämlich lieber Sand geschaufelt als Lehm. Daher findet man die meisten Hügelgräber in solchen Sandgebieten).

Besonders fleißig waren dagegen die Baumeister unserer nächsten Station. Das „Großsteingrab von Hekese” (2) wurde in der Jungsteinzeit errichtet und besteht aus zwei einzelnen Grabanlagen, die über eine Reihe von kleineren Steinen miteinander verbunden sind. Unglaublich, wie sich die Menschen damals abgerackert haben müssen, um diese riesigen Brocken aus der Umgebung erstmal zusammen zu suchen. Dabei braucht es heute schon einige Fantasie, um sich vorzustellen, wie die großen Decksteine ursprünglich auf den inzwischen umgekippten Tragsteinen lagen. Solche Steingräber waren zumeist sogenannte Kollektivgräber, die über längere Zeit von ganzen Siedlungsgemeinschaften genutzt wurden. Insgesamt 88 größere Steine sind heute noch erhalten (leider waren in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Leute der Ansicht, dass sich die Felsen auch anderweitig prima nutzen lassen. Insofern waren´s früher wohl noch einige mehr. Schade, wo die Gräber doch schon rund 4000 Jahre fast unbeschadet überstanden haben!).

In der Nähe der Steingräber überqueren wir eine stillgelegte Bahnlinie und kommen bald an unser erstes „Fenster in die Erdgeschichte”. Rechts des Weges liegt eine kleine Sandgrube (3) – hier kann man die oberen Meter des Untergrundes besichtigen. Sieht man etwas genauer hin, entdeckt man Schichten aus feinem und grobem Sand, teilweise auch richtige Lagen aus Kies. Um zu verstehen, wie all das hierher kam, müssen wir uns etwas aus der Landkarte rauszoomen und uns einen Überblick verschaffen.  Während der Eiszeit bewegten sich gewaltige Gletscher von Norden her bis in diese Region. Eine dieser Gletscherzungen muss für einen längeren Zeitraum da gelegen haben, wo sich heute Bersenbrück und Quakenbrück befinden. Als sie hier ankam, schob sie bereits einen ganz anständigen Wall aus Ton, Kies und Sand vor sich her. Der wurde noch höher, als der Gletscher von hinten nur noch genau so viel Eisnachschub bekam, wie Eis an der Vorderkante wegschmolz. Wie ein Förderband brachte das Eis mehr und mehr Geröll, Sand und Kies hierher, sodass schließlich ein U-förmiger Wall – eine sogenannte Endmoräne entstand (nicht mit Muräne verwechseln - das ist ein Fisch!). Heute heißt diese Endmoräne im Westen „Ankumer Höhe” und im Osten „Dammer Berge”. Wir stehen hier am Rand dieser flachen Endmoräne, also etwa da, wo sich früher ein ziemlich großer Gletscher in Schmelzwasser verwandelte. Und weil so ein Gletscher nicht aus klarem Wasser besteht, sondern auf seinem Weg hierher jede Menge zerbröselte Steine mitgenommen hat, können wir hier heute bewundern, wie das Wasser feines und grobes Material fein säuberlich sortiert und abgesetzt hat.

Auf einem holprigen Sandweg fahren wir jetzt weiter auf die Endmoräne hinauf und auf den kleinen Ort Bippen zu. Hier kommen wir an einem Hof vorbei, den jüngere Radler vielleicht sogar in Ihrer Schulzeit schon besucht haben: der „Kuhlhoff” (4). Hier tummeln sich statt Kühen und Schweinen heute Schüler. Inzwischen ist der Kuhlhoff ein Umweltbildungszentrum, in dem Schulklassen im Rahmen von Programmen ihre Umwelt näher kennen lernen können. Hier startet unter anderem auch ein Erlebnis-Wanderpfad unter dem Titel „Spuren der Eiszeit”.

Umweltbildungszentrum Kuhlhoff Bippen
Berger Straße 8
49626 Bippen
Tel.: 05435/910011
E-Mail: lernenaufdemlande@web.de
www.lernenaufdemlande.de

In Richtung Osten verlassen wir Bippen und fahren durch welliges Ackerland über Restrup in Richtung Döthen. Noch bevor wir die Landesstraße überqueren, die von Bippen nach Ankum führt, sehen wir links die nächste Sandgrube (5). Sandgruben sind zwar während der Zeit des Abbaus ein gewaltiger Eingriff in die Natur, hinterher können sich aber gerade hier wertvolle Biotope entwickeln.  Und richtig: auch dieser Sand trieb ursprünglich im Gletscherwasser. Übrigens passierte das Ganze in der zweiten Kaltzeit. Drei solcher frostigen Perioden gab es nämlich. In den ersten beiden Kaltzeiten (Elster- und Saale-) erreichten die Gletscher das Osnabrücker Land. In der dritten (Weichselkaltzeit) kamen sie nur bis in den Nordosten Deutschlands. Die Ankumer Berge lagen dann in einer Kältewüste, in der kaum ein Strauch wachsen konnte. Von der Sandgrube aus fahren wir jetzt ganz gemütlich in Richtung Süden weiter und lassen einfach mal die Landschaft auf uns wirken. Zwar gibt es hier keine steilen Berge mehr, aber so richtig flach ist es auch nicht. Die vielen Buckel links und rechts des Weges waren damals, als das Eis sie gerade aufgetürmt hatte, wesentlich höher als jetzt. In der letzten Eiszeit (also in der, wo die Gletscher weit weg waren) liefen sie aber auseinander, weil sie innen drin gefroren und im Sommer außen getaut waren: Der Boden war schlammig, das Wasser konnte nicht versickern und so lief jedes Jahr aufs Neue der Erdbrei die Hänge runter. Da wird auf Dauer jeder Hügel flach. Uns soll das nicht stören – so radelt es sich immerhin leichter. Unweit von Eggermühlen kommen wir an der Wassermühle Wöstenesch vorbei. Hier lohnt sich eine Besichtigung, die man allerdings frühzeitig anmelden sollte.

Heimatverein Eggermühlen:
Terminvereinbarung bei: Theo Schulte, Telefon 05462/8127, theoschulte49@web.de

Bei Aslage überqueren wir die B214 und fahren jetzt öfter mal durch größere Waldstücke – ein Zeichen dafür, dass wir den „Kamm” der Endmoräne erreicht haben. Kurz hinter Westeroden kommen wir zu einer ganz besonderen archäologischen Fundstätte: Ein riesiges Hügelgräberfeld (6). Mit über 100 Grabhügeln das größte der Region. Quasi ein bronze- bis eisenzeitlicher Friedhof. In einigen der Gräber wurden sogar Urnen gefunden, teilweise mit Grabbeigaben aus Kupfer und Bronze. Ein System ist in dieser Anhäufung von Gräbern kaum zu erkennen. Besonderheiten sind die drei Langgräber und das eine Hügelgrab in Schlüssellochform. Neben dem Grabhügelfeld kann man auf einem 350 m langen Barfußpfad (6) verschiedene Materialien direkt aus Wald und Wiese mit den Füßen erfühlen. Dazu gehören unter anderem Steine, Sand, Holz, Tannenzapfen und Rindenmulch. Beim Tasten der Bodenbeläge gibt es eine Fußmassage, eine Anregung der Sinne und ein Naturerlebnis in einem. Eine Wasserzapfstelle, die für saubere Füße sorgt, ist vorhanden.

Wenn wir jetzt noch Osteroden durchqueren, haben wir schon gut die Hälfte der Tour hinter uns. Schon bald rückt die Merzener Kirche (7) ins Blickfeld – unsere nächste Station. Fällt Ihnen an der Merzener St.-Lambertus-Kirche irgendetwas auf? Richtig: Das Turmdach! Keine Ziegel, kein Schiefer, kein Kupfer – der Turm ist bis zur Spitze gemauert. Eine architektonische Besonderheit. Außerdem ist der untere Teil des Turms aus behauenen Findlingen gebaut, während der Rest der Kirche aus Sandstein vom Gehn-Südhang bei Ueffeln besteht. Die Säulen in der Kirche sind aus Sandstein, den man aus Ibbenbüren herbeischaffte. Findlinge sind Steine aus einstigem flüssigen Magma, das tief in der Erde erstarrte. In Skandinavien wurden sie als Gebirge an die Erdoberfläche gehoben und kamen dann – in kleinen Stücken – während der Eiszeit zu uns. Heute wäre so ein Kirchturm aus echten Findlingen kaum noch bezahlbar. Ein Hinweis darauf, dass der Turmsockel der Rest eines älteren Kirchenbaus ist. Die Kirche in ihrer jetzigen Form wurde erst 1876 fertig. Kurz hinter Merzen biegen wir nach rechts von der Bundesstraße ab und durchqueren das Hakemoor (keine Angst, Gummistiefel sind überflüssig. Dass hier mal ein Moor war, sieht man nicht mehr, das muss man schon glauben).

Und jetzt festhalten: Wir landen sanft in Ägypten (8). Zwar fehlen hier die Pyramiden, aber das Straßenschild lässt keinen Zweifel daran, wo wir uns befinden. Ägypten? Schon vor über 100 Jahren hatte in dieser Gegend das „fahrende Volk” einen Lagerplatz, der regelmäßig – auch zu Handelszwecken - genutzt wurde. Da diese Volksgruppe ursprünglich teilweise aus Indien über Ägypten nach Europa kam, sprach man auch einfach von „den Ägyptern”. Irgendwann erhielt so dieser kleine Neuenkirchener Ortsteil seinen exotischen Namen.

Sand findet man hier jedenfalls auch reichlich – die Sandgrube der Firma Lewe (9), die wir jetzt passieren, ist die größte im ganzen Umkreis. Hier wird sowohl im Trocken- als auch im Nassabbau gearbeitet, mit Radlader und Schwimmbagger also. Das zeigt, wie dick die Sandschichten in dieser Gegend sind. Von der Oberkante bis zum Wasser sind es allein schon 16 Meter. Unter dem Wasserspiegel kommen noch einmal 15 Meter dazu. Das Schmelzwasser der Gletscher hat hier ganze Arbeit geleistet.

Der Weg führt nun durch ein kleines Waldstück, das direkt an die Sandgrube grenzt. In diesem Wäldchen liegt, etwa 150 m links vom Weg entfernt, ein Großsteingrab, das noch besonders gut in Schuss ist. Dieses „Großsteingrab auf dem Wiemelsberg” (10) ist das einzige in der Region, an dem mal keiner rumgefuhrwerkt hat und bei dem noch alle Steine vorhanden sind. Es gehört damit zu den wenigen weitgehend vollständig erhaltenen Großsteingräbern in Nordwestdeutschland.

Ein kurzes Stück weiter erreichen wir bereits Ueffeln, einen Ort, der genau zwischen dem Ankumer Endmoränenbogen und einem Vorberg des Wiehengebirges, dem Gehn liegt. Die Lage hinter dem Gehnwald gab der Gemeinde vermutlich auch ihren Namen: Uflene heißt so viel wie hinter dem Wald und wurde später zu Ueffeln. Dass die Ueffelner aber alles andere als hinterwäldlerisch sind zeigt die Sage von Matthiesings Opferstein (11), unserer nächsten Station. Die Nutzung des Findlings als Opferstein konnte bisher niemand nachweisen, aber laut Sage hatte auf jeden Fall der Teufel seine Finger im Spiel:

Laut Sage erzählten die Ueffelner dem Teufel, als der an der Kirchenbaustelle vorbeikam, „Nein, nein, keine Sorge, das wird keine Kirche, das wird nur ein Gasthaus”. Das war für den Teufel OK und die Ueffelner konnten in Ruhe ihre Kirche zu Ende bauen. Irgendwann kriegte der Teufel aber spitz, dass die pfiffigen Ueffelner ihn übers Ohr gehauen hatten. Da wurde er sehr ärgerlich und besorgte sich in Schweden einen richtig großen Findling. Damit wollte er die Kirchentür ein für alle Mal versperren. Allerdings musste er vor Sonnenaufgang aus Schweden zurück sein, weil er tagsüber zu schwach zum Steine schleppen war. Das schaffte er natürlich nicht ganz. Als auf dem Hof Matthiesing der Hahn krähte, versuchte sich der Teufel mit letzter Kraft noch einmal im Findling-Weitwurf, warf aber gut 400 m zu kurz. Jetzt liegt der Stein direkt an der Straße am Friedhof und rotiert jeden Morgen, wenn der Hahn kräht, um seine eigene Achse. Und die Ueffelner können ungehindert in ihre Kirche gehen.

Wir lassen Ueffeln und den Teufel hinter uns und finden in Balkum das erste Steinwerk dieser Tour. Das Steinwerk „Großterlinden” (12) liegt etwas abseits der Straße und ist aus Bruchsteinen errichtet, die größtenteils aus Steinbrüchen im Gehn stammen. Das Steinwerk ist aus dem 14. Jahrhundert und diente als Befestigungsanlage, in die man sich bei Überfällen zurückziehen konnte. Die schmalen Spalten in den Wänden sind keine Fenster, sondern Schießscharten. Es gibt zwei Sorten von Steinwerken: einmal die, die man an ein größeres Gebäude angebaut hat (findet man vor allem in Städten). Und die sogenannten Wehrtürme oder Wehrspeicher, die immer etwas abseits von der eigentlichen Hofstelle stehen. Zu dieser Kategorie gehören auch die Steinwerke dieser Tour. Der Name „Wehrspeicher” sagt eigentlich schon alles: Einerseits konnte man sich aus den Steinwerken heraus gut verteidigen, hatte also sozusagen seine eigene kleine Burg auf dem Hof. Andererseits eigneten sich die massigen Gebäude auch als Lagerräume für Vorräte – im Falle eines Überfalls natürlich eine günstige Kombination. Die ersten Steinwerke entstanden vor etwa 800 Jahren.

Weiter geht es in Richtung Norden. Wir kommen an der schönen Wassermühle Riesau vorbei und überqueren kurz dahinter den Thiener Mühlenbach. Jetzt wird es wieder ein bisschen holprig – dafür erwartet uns zwanzig Höhenmeter weiter die nächste Station: die große Alkenkuhle (13). Bevor wir uns am Rande dieses Kraters nochmal auf wilde Sagengeschichten einlassen, hier zunächst die wissenschaftliche Interpretation für dieses riesige Loch im Wald: Die Sandschichten, die wir an den vorherigen Stationen bewundern durften, sind zwar ziemlich dick, aber darunter muss es ja auch noch etwas anderes geben. Und dieses Andere ist nichts weiter, als das feste Gestein, das wir weiter im Süden der Region als richtige Bergrücken wiederfinden. Unter dem Sand liegen also Schichten aus festem Stein – der allerdings – und das verrät uns nach dieser Theorie die Alkenkuhle – gar nicht immer so fest ist. Vor allem Gips kommt in diesen Gesteinsschichten vor, und wenn der durch Grundwasser aufgelöst wird, dann entsteht eine Höhle. So vielleicht geschehen irgendwo unter der Alkenkuhle. Die Höhle stürzte ein – der Sand rutschte nach - ein Erdfall (so nennt man das) entstand an der Oberfläche. Soweit Theorie 1. Nach Theorie 2 ist die Alkenkuhle ein sogenanntes Toteisloch. Sprich: Tot-eis-loch. Totes Eis? Wenn ein Gletscher an seiner Vorderkante abzuschmelzen beginnt, entsteht dabei nicht nur viel Schmelzwasser. Manchmal fallen auch große Eisbrocken ab, die dann vom Sand, den das Schmelzwasser mitbringt, zugeschüttet werden. So verpackt bzw. eingegraben, schmilzt dieses „Toteis” nur ganz langsam und hinterlässt irgendwann nichts weiter als eine große Kuhle. Das ist ja an sich alles schon ganz spannend – aber die Sage ist natürlich noch viel besser:

Der Sage nach wohnte an dieser Stelle ein Wirt (”Der Alke” genannt), der es mit dem christlichen Glauben nicht ganz so eng sah. Nicht nur, dass er über Gott lästerte, vor allem hielt er die Leute vom Gang zur Kirche ab. Seine Kneipe lag nämlich strategisch günstig auf halbem Weg zwischen Alfhausen und Merzen. Weil Alfhausen damals noch keine Kirche hatte, kamen jeden Sonntagmorgen die Alfhausener bei ihm vorbei, weil sie zur Merzener Kirche wollten. Jedes Mal überredete der Wirt ein paar Leute, doch noch auf ein Bierchen zu bleiben. Natürlich kamen die Kneipengänger dann laufend zu spät zum Gottesdienst – oder auch mal gar nicht. Wozu das führte, kann man sich denken: Als der Wirt es mal wieder besonders weit trieb, verschlang die Erde sein Gasthaus und es blieb nichts weiter übrig als ein großes Loch. Wenn man sich jetzt um Mitternacht an das Loch stellt und ruft ”Alke komm!”, dann sollte man anschließend die Beine in die Hand nehmen, denn dann erscheint der Wirt in Gestalt eines feurigen Rades und jagt einen durch den Wald.

Von der Alkenkuhle aus fahren wir den Stichweg zurück und dann auf dem Waldweg weiter nach Westen. Bald kommen wir zum Clubhaus eines Golfclubs. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite haben wir es dann erneut mit einigen Todesfällen zu tun: Hier liegt am Waldrand eines von sechs Großsteingräbern, das zusammen mit drei Grabhügeln das „Giersfeld” (14) bildet.  Die Findlinge, aus denen die Großsteingräber auf dieser Tour errichtet wurden, sind alle waschechte Skandinavier. Dort wurden sie irgendwo im Gebirge vom Eis aufgelesen. Auf dem Weg hierher rieben sie sich unter oder im Gletscher an anderen Felsen die Kanten rund (man nennt das dann kantengerundet) und blieben da, wo das Eis taute, einfach liegen. Eine solche Ansammlung von Steingräbern ist auch für den norddeutschen Raum eine Besonderheit, vor allem, weil hier drei verschiedene Grabtypen vertreten sind: jungsteinzeitliche Großsteingräber, bronzezeitliche Hügelgräber, aber auch ein Steinkistengrab aus der frühen Bronzezeit. Wer das ganze Gräberfeld kennenlernen will, sollte bei Gelegenheit mit einer Stunde Zeit im Gepäck wiederkommen. Etwa 750 m weiter führt rechts ein Weg zum Startpunkt des „Steingräberweges”, an dem Erläuterungen zu allen neun Gräbern zu finden sind.

Wir fahren weiter bis zur nächsten größeren Kreuzung, wo uns auch schon die nächste Station erwartet: das Steinwerk Meyer in Westerholte (15). Mit Steinwerken kennen wir uns ja jetzt schon prima aus, bei diesem müssen wir nur aufpassen, dass wir nicht vorbei fahren. Das Gebäude steht recht einsam auf einer Wiese links der Hauptstraße (siehe Kartenausschnitt) und ist durch Bäume verdeckt. Ein Trampelpfad führt von der Straße aus zum Steinwerk. Die Bruchsteine dieses Gebäudes stammen, wie bei allen Steinwerken in diesem Raum, zum größten Teil aus dem Gehn bei Ueffeln. Hier und da sind aber auch kleinere Findlinge verbaut. Wer ein bisschen genauer hinsieht, findet interessante Details an dem recht verfallenen Gebäude: Die Schießscharten zum Beispiel sind so angelegt, dass man von innen das Umfeld des Gebäudes beobachten konnte. Dazu sind die Öffnungen innen im Gebäude schräg erweitert – mal senkrecht, mal waagerecht, je nachdem, wohin man gucken bzw. schießen wollte. Allerdings gibt es auch viele „tote Winkel”, die von innen nicht einsehbar sind. Es gab auch mal so etwas wie einen Keller, da liegen allerdings seit 1970, als das Gebäude teilweise einstürzte, die Reste des alten Daches und der Zwischenböden drin. Das neue Dach wurde 1997 von der Denkmalpflege errichtet, damit wenigstens der Rest des Steinwerks erhalten bleibt.

Nach anderthalb Kilometern biegen wir nach rechts von der Hauptstraße ab und erreichen bald den Hof Meyer zu Starten, auf dem das nächste Steinwerk (16) zu sehen ist.  Hier sieht man, dass sich Denkmalschutz und Nutzung auch ganz pfiffig verbinden lassen: Kurzerhand wurde hier ein Getreidesilo in das Steinwerk hineingebaut. Auch als Schnapsbrennerei wurde das Steinwerk früher schon genutzt. Das Gebäude ist bis auf den Anbau noch in der ursprünglichen Form vorhanden. Typisch für solche Wehrtürme, wie die Steinwerke auch genannt werden, sind die dicken Wände. Nicht weniger als 1,10 m sind es bei diesem hier im Erdgeschoss.

Wer Lust hat, sich noch ein weiteres Steinwerk (17) anzusehen, findet im Ankumer Ortsteil Rüssel (der heißt wirklich so) noch ein interessantes Objekt. Schulte zu Rüssel hieß ehemals der Hof am Lordsee, an dem wir hier einen Wehrturm aus dem 13. Jahrhundert finden. Zusammen mit den Industriebauwerken ergibt sich an dieser Stelle ein etwas skurriles Gebäudeensemble. In der Westwand klafft ein gewaltiger Riss im Mauerwerk – vermutlich eine Folge der Bauarbeiten im Umfeld. In der gleichen Wand verbirgt sich eine Einrichtung, die ein guter Baumeister bei einer solchen Festungsanlage natürlich nicht vergessen darf: die Toilette! Man hat hier nämlich – von außen praktisch nicht zu sehen – einen Schrägauslauf in die Mauer eingebaut, dessen Öffnung sich ganz unten in Bodennähe befindet. Die hölzerne Toilettenbrille oben im Wohnbereich ist angeblich auch heute noch vorhanden. Um ganz an das Steinwerk heranzukommen, fährt man am besten im großen Bogen an die Rückseite heran. In den 60er Jahren wurde der Bau noch als Gaststätte genutzt und hieß „zum Lordsee”. Heute steht er leer, hofft auf bessere Zeiten und auf eine Sanierung, die den absehbaren Einsturz verhindert.

Von Rüssel aus sind es nur noch gut zwei Kilometer bis zum Artländer Dom (St. Nikolaus Kirche). Die schaffen wir auch noch. Dort angekommen, lehnen wir uns noch einmal zurück und freuen uns, dass die Eiszeit vorbei ist, dass wir heute keine Findlinge mehr schleppen müssen und vor allem, dass wir uns heute nicht mehr vor Überfällen in Steinwerke flüchten müssen.

 

Wenn Ihnen die Tour gefallen hat, probieren Sie doch mal die anderen TERRA.trails. Oder stöbern Sie einfach auf unserer Website. Haben Sie weitergehende Fragen zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten? Auch dann helfen wir Ihnen natürlich gerne weiter.

 

Profilbild von Leon Labuschagne
Autor
Leon Labuschagne
Aktualisierung: 27.08.2021
Schwierigkeit
mittel
Technik
Kondition
Erlebnis
Landschaft
Höchster Punkt
116 m
Tiefster Punkt
35 m
Beste Jahreszeit
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez

Wegearten

Höhenprofil anzeigen

Sicherheitshinweise

Bitte achten Sie auf Wanderer und andere Verkehrsteilnehmer.

Weitere Infos und Links

Natur- und Geopark TERRA.vita

Am Schölerberg 1

49082 Osnabrück

Telefon: 0541/501 4217

Telefax:0541/501 4424

Email: info@geopark.terravita.de

Internet: www.geopark-terravita.de

 

Hinweis: Zwischen Alfhausen und Ankum im Bereich der Alfhausener Straße/ Ecke Fürstenauer Weg wurde im  Februar 2020 der Wegeverlauf über eine Länge von ca. 300 m geändert.

Start

St. Nikolaus Kirche in Ankum (Artländer Dom), An der Kirchenburg 1, 49577 Ankum) (59 m)
Koordinaten:
DD
52.541899, 7.870248
GMS
52°32'30.8"N 7°52'12.9"E
UTM
32U 423383 5821912
w3w 
///ovale.linse.nächste

Ziel

St. Nikolaus Kirche in Ankum (Artländer Dom), An der Kirchenburg 1, 49577 Ankum)

Öffentliche Verkehrsmittel

Nächste Anbindung an ÖPNV: Bahnhof Bersenbrück (ca. 6 km)

Parken

Es gibt ein paar wenige Parkplätze nahe der Kirche. Alternativ gibt es an der der Bippener Straße noch einen größeren Parkplatz am Sportplatz.

Koordinaten

DD
52.541899, 7.870248
GMS
52°32'30.8"N 7°52'12.9"E
UTM
32U 423383 5821912
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///ovale.linse.nächste
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Frank Tyben 
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Sehr schöne Tour
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Ludger Schlarmann 
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Wassermühle Wöstenesch Eggermühlen
Foto: Ludger Schlarmann, Community
Alte Buche mit Herbstlaub westlich von Eggermühlen
Foto: Ludger Schlarmann, Community
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+ 2

Bewertung
Schwierigkeit
mittel
Strecke
64,3 km
Dauer
4:19 h
Aufstieg
248 hm
Abstieg
234 hm
Höchster Punkt
116 hm
Tiefster Punkt
35 hm
Rundtour kulturell / historisch geologische Highlights

Wetter am Startpunkt der Tour

Statistik

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Funktionen
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Karten und Wege
  • 21 Wegpunkte
  • 21 Wegpunkte
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Dauer : h
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